Die meisten würden sagen, dass Drag reine Verkleidung sei. Das bezwefle ich, denn Ich wollte die vollumfänglich Erfahrung als Drag. Das Schminken ist langwierig, aber das beiläufige Plaudern kehrt tief vergrabenes Gedankengut an die Oberfläche. Ist dieser Teil einmal abgehakt, ist die Kleiderwahl die reinste Odyssee. Wenn dann das Äußere stimmt, muss das Innere nachziehen. Schnell fühlte ich mich überrumpelt und konnte mich in Megusta Vulva - mein selbstgewählter Name als Drag - nicht gleich hineinfühlen: Ich war eine Blondine im kurzen Schwarzen und Schnurbart. Was wollte ich sein? Wollte ich etwa das stereotypische Frauenbild persiflieren oder mich mal als „echte“ Frau fühlen? Damit ich „endlich“ meine weibliche Seite ausleben kann? Nichts von all dem stimmt. Ich wollte Drag sein, eine Rolle spielen, die weit mehr von mir trägt als nur den Schnurbart. Nachdem die ersten Eitelkeiten und anfängliche Scham abgelegt waren, konnte ich den vollen Genuss ausschöpfen: Geierndes und doch so interessiertes Publikum. Egal ob draußen vorm Kino oder bei einem Vortragsbuffet vorbei; hier ein Foto, dort eine Plauderei.
Nachdem alles vorbei war, wurde mir erst klar, was dort eigentlich mit mir und meiner Umwelt geschah. Ich war auffällig und mein Umfeld aufmerksam. Im Gegensatz zu meinem alltäglichen Dasein, in dem ich als heterosexueller cisgender Mann in der grauen Suppe untergehe und in der Regel keine interessierten Blicke zugeworfen bekomme, bin ich als Megusta Vulva, ein Mensch, der sich mutig ins Rampenlicht wirft und authentisch das Innerste nach Außen kehrt. Sogar dann, wenn es sich nur um eine Rolle handelt.
Das was ich mitnehme ist, dass es ein täglicher Kampf ist, mein Sein zu behaupten. Es ist notwendig neue und unbequeme Erfahrungen zu machen. Ganz egal wie albern und diltetantisch man sich vorkommen mag, der Moment, in dem man sich entschloss „Ja“ zu einer neuer Erfahrung zu sagen, zählt einzig und ist fürt sich wertvoll. Scheitern oder Gelingen zählt dann nicht mehr.
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