Im Werden – Perspektiven einer materialistischen Epistemologie auf die Rolle des Experimentierens mit sozialen Formen
Ein Vortrag von Autor und Philosophie-Student Matthias Hoch.
Folgen wir den, in der Theorielandschaft der Soziologie konsensuell vertretenen Thesen,
1) der Artifizialität sozialer Ordnung, bzw. der These über die Kontingenz sozialer Sachverhalte - der These, dass die Verfassung gesellschaftlicher Organisation nicht ohne Individuen ablaufen kann und hätte anders verlaufen können, wenn Individuen anders entschieden hätten und
2) der Resilienz sozialer Strukturen - der These, dass diese Teilbereiche sich gegenüber Individuen verselbstständigen, insofern sie diese überdauern und den Handlungsspielraum von Individuen einschränken, so ergibt sich hieraus unter Berücksichtigung des zeitlichen und historischen, wechselseitigen Transformationsprozesses von den in 1) und 2) als different behaupteten Relata das paradigmatische Bezugsproblem einer dialektisch-materialistischen Gesellschaftstheorie: Wie organisiert Gesellschaft sich selbst?
Angesichts der in 2) behaupteten Resilienz erscheint die Frage nach der Möglichkeit der Intervention in die Zyklen der Auseinandersetzung von Individuum und Struktur prekär. Welche Interventionsmöglichkeiten bleiben Individuen, wenn ihre Handlungsspielräume gerade durch diejenigen Strukturen vorgegeben werden, die zur Disposition stehen oder stehen könnten? Die Antwort, die hierauf gegeben werden kann, ist keine neue. Sie besagt, dass diese Interventionen einen spezifisch negativen Charakter besitzen müssen. Sie können nicht im strikten Sinne geplant, antezipiert oder selber wieder organisiert werden. Diese Formen der Einholung der Zukunft würden das Vorhaben der Intervention selbst unterminieren, wie sich bei Hegel, Marx, Adorno, Foucault, und Luhmann in verschiedenster Colour bereits vorformuliert lesen lässt. Die Antwort soll jedoch dahingehend abgeschwächt werden, dass es durchaus positiv bestimmbare Formen dieser negativen Interventionen geben kann; eine davon: Das Experiment.